Von der vor- und frühchristlichen Entwicklung der Erntewerkzeuge bis zur heutigen Sense
von DI Walter Blumauer
Seitdem die Menschheit einen Teil ihres Lebensunterhaltes durch Ackerbau erwirbt, gibt es Geräte, welche dazu bestimmt sind, die Ernte des reifen Getreides zu erleichtern.
Schon unter der Fülle der bildlichen Darstellungen, welche die Grabkammern und Tempel der alten Ägypter ausschmücken, finden sich viele mit Ernteszenen und bei der Gewissenhaftigkeit, mit der die ägyptischen Künstler arbeiten, geben uns diese Bilder genauen Aufschluss über die Art, wie die Getreideernte vorgenommen wurde und über die dabei verwendeten Geräte.
Es waren dies durchwegs SICHELN, welche zumeist mit der rechten Hand geführt, die mit der Linken vom Schnitter zusammengerafften Halme durchtrennten. Man kann unter diesen Sicheln mehrere verschiedene Formen unterscheiden.
Auf einem solchen Bild, aus dem Grab in Gizeh, also dem alten Reich um 2000 v. Chr., zeigt das verwendete Gerät die typische Form einer Sense, wird aber doch am kurzen Stiel mit einer Hand wie eine Sichel geführt und ist daher wohl zu den in Asien heute noch überall gebrauchten Reissicheln mit senkrecht von einem geraden Stiel abstehender Klinge zu zählen.
Eine richtige Sense findet sich nirgends, ebenso wenig auf den vielen vorhandenen altgriechischen Vasenbildern.
Aus verschiedenen Überlegungen ergibt sich auch sonst mit ziemlicher Sicherheit, dass in den alten Kulturen des Ostens die Sense unbekannt war und als Erntewerkzeug bloß SICHELN verwendet wurden.
Wenden wir uns nun dem mitteleuropäischen Kulturkreis zu, so finden wir bereits in der „Jüngeren Steinzeit“ (etwa 2500-1500 v. Chr.) mit dem Auftauchen des Feldbaues auch schon sichelartige Geräte, zum Gebrauch mit einer Hand berechnet.
Es waren dies Holzstücke mit eingekitteten Feuersteinklingen, und zwar sind solche in zwei Typen vertreten.
Die eine Form bestand aus einem geraden Holzstab mit einer rechtwinkelig eingesetzten und weit hervorragenden Feuersteinklinge, welche in Schweizer Pfahlbauten gefunden wurde. Die zweite Form bestand aus einem gekrümmten Holzstück, an dessen konkaver Seite eine Rinne eingeschnitten und darin ein Feuersteinsplitter der Länge nach eingekittet war.
In der darauffolgenden mitteleuropäischen Mittleren Bronzezeit, welche von1500 v. Chr. bis 1300 v. Chr. andauerte, wurde die leichte Formbarkeit des neuen Werkstoffes benützt, um besser geeignete Werkzeuge zur Getreideernte herzustellen und man kam damals schon auf die typische „SICHELFORM“.
Solche Stücke wurden in fast allen aufgedeckten Siedlungen der Bronze- und Hallstattzeit ganz Europas angetroffen und es zeigen diese die größte Mannigfaltigkeit in den Einzelheiten der Form und der Güte der Ausführung.
Nun war allerdings auch die Bronze (Kupfer – Zinnlegierung) nicht das richtige Material, um daraus Sensen oder ähnliche Geräte von großen Abmessungen herzustellen. Die Biegungsfestigkeit dieses Metalls war dazu noch zu gering und hätte eine übermäßig schwere Ausführung erfordert.
Mit der allgemeinen Verwendung des Eisens in der La – Tène – Zeit, welche von 500 v. Chr. bis 100 v. Chr. andauerte, tauchen aber schließlich richtige Sensen neben den Sicheln auf und es ist sehr bezeichnend, dass diese ersten Fundstellen in den feuchteren und kälteren Gegenden Europas gelegen sind.
Dort handelte es sich auf einer höheren Stufe der Landwirtschaft nicht nur darum, Getreide zu ernten – dazu verwendete man fast überall die Sichel- sondern man sollte auch für das Vieh Wintervorräte, Heu, einheimsen. Feuchte, graswüchsige Flächen gab es wohl genug, aber das Schneiden des Grases mit der Sichel war gewiss keine angenehme Arbeit, so dass es naheliegend war, auf eine Verbesserung des Ernteverfahrens zu sinnen.
Die La-Tène-Zeit ist eine Epoche der keltischen Kultur der jüngeren vorrömischen Eisenzeit, die in starkem Maße mediterrane (griechische/etruskische) Einflüsse aufgenommen hat. Namengebender Ort ist La Tène in der Schweiz.
Es ist an dieser Stelle notwendig, sich einmal näher mit der Begriffsbestimmung zu den Worten „SENSE“ und „SICHEL“ zu beschäftigen, wobei es nicht zu umgehen ist, Formen, welche erst viel später verwendet wurden, schon in den Kreis der Betrachtung zu ziehen und so einiges vorweg zu nehmen, um eine möglichst eindeutige Abgrenzung und Bezeichnung der verschiedenen Typen zu erreichen.
Bei Betrachtung der Geräte an sich in ihren heutigen Formen scheint der wesentliche Unterschied in der größeren Länge und schwächeren Krümmung der Sensen zu liegen; maßgebender als das bloße Aussehen dürfte aber doch die Art des Gebrauches sein, die mit einer Hand an kurzem Griff geführte Sichel, zum Abschneiden eines mit der zweiten Hand vom Schnitter ergriffenen Büschels von Halmen und daneben die an langem Stiel befestigte und mit beiden Händen bewegte Sense, welche freistehende Pflanzen knapp am Boden von ihrer Wurzel trennt.
Charakteristisch für die heutigen „SENSEN“ ist ein nahezu ebenes, dünnes „Blatt“, dessen konkaver Rand zur Schneide geschärft ist, während der konvexe Rand einen der Festigung und Versteifung dienenden, aufgekrempelten „Rücken“ zeigt. Die Befestigung des Stieles erfolgt an der mit Blatt und Rücken der Sense aus einem Stück geschmiedeten „Hamme“, welche gegen die Ebene des Sensenblattes schräg aufgerichtet ist.
Daneben ist die im nördlichen Russland bis in die neueste Zeit noch gebrauchte „GORBUSCHKA" zu nennen. Diese ist säbelartig, schmal, aber verhältnismäßig dick, mit keilförmigem, beziehungsweise dreieckigem Querschnitt. Die Hamme befindet sich mit dem Klingen-Teil des Werkzeuges in derselben Ebene und bildet eine nur wenig gebogene Fortsetzung desselben. Zum Gebrauch wird die Gorbuschka an einem Stiel von etwa 70 bis 80 cm Länge befestigt. Der russische Mäher arbeitet damit auf den Knien rutschend, indem er sie mit beiden Händen fasst und oft abwechselnd von rechts nach links und wieder von links nach rechts schneidet.
Ein Mittelding zwischen Sense und Sichel ist die am Niederrhein und an der Nordseeküste verwendete „SICHTE" oder „HAUSENSE". Es ist dies eine Art kurzer Sense, bei der die Hamme senkrecht von der Ebene des Blattes emporsteht, an der ebenfalls ein kurzer Stiel befestigt ist. Die Sichte wird mit einer Hand in hohem Schwung geführt und das Getreide damit abgehauen.
Die "PERFEKTE SENSE"
Die perfekte Sense ergibt sich aus einer feinen Abstimmung zwischen Sensenmodell, Sensenwurf, Schnittgut, Landschaftsform und Größe der Mäherin / des Mähers.
Die Grundvoraussetzungen um genussvoll zu Mähen sind aber, eine leichte, konisch dünn geschmiedete, schneidhaltige Sense mit schnittfertigem Dengel einzusetzen.
Die Modellauswahl wird nach der Landschaftsform (ebene Fläche, steile Bergwiese, mähen im Unterholz) getroffen. Auch die Länge der Sense wird auf diese Kriterien abgestimmt.
Der Sensenwurf ist auf die Größe der Mäherinnen / Mäher abzustimmen. Eine gebeugte Haltung beim Mähen wird dadurch ausgeschlossen. Die Griffe am Wurf liegen locker in der Hand.
Abhängig vom Schnittgut (Wiese, Unterholz) kommt eine Landsense, Gartensense, Waldsense oder sogar Schleifsense zum Einsatz.
Die Aufrechterhaltung eines exzellenten Dengels während der langen Lebensdauer einer Sense ist notwendig, um leicht und mit Freude mähen zu können.
Der Sensenverein Österreich vermittelt in Kursen schrittweise die richtige Mäh- und Dengeltechnik und berät bei der Auswahl von Sense und Sensenwurf.
Das Servicecenter des Sensenvereins steht mit allen diesen Leistungen zur Verfügung.
Viel Freude beim Mähen und
„a guate Schneid"